OKTOBER 2022
Als ich gestern Abend im Bett lag und nach einem Thema für den Text für diesen Monat fragte, kam mir das Wort "Silence" - Schweigen, Stille. Ich kam gerade aus meiner Equinox Cacao Zeremonie. Equinox - die Tagnachtgleiche, die einen Wendepunkt im Jahresrad darstellt. Von nun an werden die Nächte wieder länger sein als die Tage, das Licht wird schwächer und wir werden eingeladen, wieder vermehrt in uns zurückzukehren, in die Stille. In der Zeremonie führte ich die Teilnehmenden in einer Visualisationsreise von einer Sommerlandschaft in eine Höhle, um den Übergang vom Sommer zum Herbst zu symbolisieren. Dort durften sie sich hinsetzen, umhüllt nur von Stille und dem schwindenden Licht der Dämmerung. Alleine, schweigend, ruhend. Was löst dieses Bild bei dir aus? Bist du jemand, der sich in der Stille wohlfühlt oder ist dir das eher unheimlich? Ich für meinen Teil LIEBE das Schweigen. Ich liebe natürlich auch den Austausch mit Menschen, das Reden, Erzählen, Philosophieren. Aber auch das Zuhörern. Ich glaub, ich bin eine gute Zuhörerin, weil ich gerne schweige. Weil ich nicht das drängende Bedürfnis habe, ständig zu sprechen. Im Gegenteil. Ich habe öfters das Bedürfnis NICHT sprechen zu müssen. Ich habe Tage, an denen ich kaum spreche. Wenn ich etwas zu sagen habe, dann super. Sonst sag ich lieber gar nichts. Ich halte nicht viel von Smalltalk. Klar, wir machen es halt, oft einfach aus Höflichkeit. Aber ich merke, eigentlich kostet es mich mehr Energie, als es mir gibt. Lieber sage ich nichts, als irgendwas Belangloses. Für viele Leute ist Schweigen etwas Unangenehmes. Die meisten von uns finden es schwierig, auch in Präsenz von anderen zu schweigen. Ich mache in meinen Zeremonien z.B. immer wieder Sharings, also eine Übung, in der es darum geht, dass eine Person sich mitteilen darf und die andere NUR ZUHÖRT. Ich stelle den Timer und sage den Leuten: "Die erste Person hat nun 5 Minuten Zeit, um sich mitzuteilen und die andere Person hört nur zu. Wenn es nichts mehr zu teilen gibt, sitzt in Stille bis die Zeit abgelaufen ist und wir wechseln." It never works, haha! Viele Paare oder Gruppen schaffen es nicht A - nicht in ein Gespräch abzurutschen, sprich, halt wirklich für 5 Minuten nur zuzuhören und allein den anderen sprechen zu lassen und B - dann auch noch sich in Stille gegenüber zu sitzen. Ist ja auch höchst awkward, oder?! Mit einem (fremden) Menschen dazusitzen und nichts zu sagen...? Feels very strange. Und da kommt schon der Impuls, einfach irgendetwas zu sagen, einfach um diese beklemmende Stille zu brechen. Ich kann mich noch erinnern, wie das für mich war, als ich erstmals solche Übungen erleben durfte. Es war seltsam, jemandem schweigend in die Augen zu schauen. Ich merkte, dass es mich ziemlich verlegen, ja unsicher fühlen liess. Etwas nackt irgendwie. Und da realisierte ich die Kraft, die in dieser so simplen Übung lag: Become comfortable in the uncomfortable. Become comfortable in silence. Eine Kunst, die nicht viele Leute zu beherrschen scheinen. Es scheint mir, dass wir durch unsere Worte unsere Persönlichkeit oder unseren Eindruck aufs Gegenüber kreieren und somit auch bewusst oder unbewusst manipulieren können. Wenn wir jedoch schweigen, dann gibt es keine Verkleidung, keine Ablenkung, sondern nur unsere rohe Essenz. Wie ich diesen Text schreibe, hängen die schon lange vergessen geglaubten Zeilen eines Blumentopf Tracks in meinen Gedanken rum. In "Reden ist Schweigen" heisst es:
"Viel zu viele Worte fallen so sinnlos wie Soldaten, Drum haß' ich es zu reden, ohne wirklich was zu sagen. (...) Wenn es still ist, trennt sich dir Spreu vom Weizen, Denn ich kann mit allen Menschen reden, aber nicht mit jedem schweigen."
Ich mag besonders diesen letzten Satz. "Denn ich kann mit allen Menschen reden, aber nicht mit jedem schweigen." Er zeigt, dass Schweigen auch etwas sehr Intimes ist. Mit gewissen Menschen fühlt man durch das Schweigen eine wortlose Verbundenheit, eine Tiefe und Schönheit, welche im ständigen Wortfluss nicht gar nicht gefühlt werden kann. Im Schweigen sind wir, wie gesagt, irgendwie leer, offen. Wir SIND einfach. Warum ist Schweigen für uns etwas Unangenehmes? Es scheint, als wäre es in unseren Köpfen als etwas Negatives abgespeichert. Schweigen tut man nur, wenn man sich nichts zu sagen hat, wenn man angepisst oder enttäuscht ist, man hässig auf den anderen oder traurig ist. Reden ist der Normalzustand, Schweigen bedeutet "irgendwas ist nicht in Ordnung". Und ja klar, das kann auch stimmen. Aber von dieser Art Schweigen rede ich hier nicht.
"Reden ist Silber, Schweigen ist Gold."
Dieser Spruch hat früher für mich nicht so viel Sinn gemacht. Aber langsam sinkt die Weisheit dieser Worte bei mir ein. Ich glaube, in den Goldminen der Stille liegen ganz viele kostbare Schätze verborgen. Für mich persönlich sind es z.B.
- Energie, die mich auflädt
- Zentriertheit, weil ich meine Energie nicht mittels meiner Worte ins Aussen abfliessen lasse, sondern bei mir behalten kann
- Ausgeglichenheit, weil ich in meinen Jobs viel Rede und das Schweigen einen guten Ausgleich dazu schafft
- Kreativität, weil Schweigen viel Raum schenkt für Gedanken und neue Ideen
- Verbundenheit zu meiner Innenwelt und der spirituellen Welt, weil man in Stille besser hinhören kann.
Dass das Schweigen auch von zahlreichen Mystikern und spirituellen Lehrern hochgepriesen wird, ist nichts Neues. In der Stille liegt die Kraft, besonders die spirituelle. Der grosse Sufi Mystiker und Poet Rumi sagt:
“Silence is the root of everything."
und "When the lips are silent, the heart has a hundred tongues".
Einsichten, Antworten, Nachrichten, Eingebungen kommen manchmal in Gesprächen mit anderen Menschen, doch meistens kommen sie in der Stille, oder?
“Let Silence speak to you about the secrets of the universe.”
So lasst uns Schweigen als etwas Kraftvolles wahrnehmen. Etwas, das nicht nur die Abwesenheit von gesprochenen Worten bedeutet, sondern eine bewusst gewählte Praktik werden kann. Wie Rumi eben sagt:
“Let silence be the art you practice.”
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Wie stehst du zum Schweigen? Was bedeutet es für dich?
Welche Benefits stellst du für dich fest?
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In Silence
Vanessa
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