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LET'S TALK ABOUT SHAME

DEZEMBER 2020


So wie wir nun in die dunkelste Zeit des Jahres eintauchen, möchte ich diesen Monat auch ein etwas dunkleres, oftmals sehr unbewusstes Thema beleuchten. Es geht um Gefühle, die viele von uns lieber im Keller unserer Psyche vergraben. Lasst uns über Schuld und Scham sprechen.


Schuld und Scham gehören zu den Emotionen mit der tiefsten Schwingungsfrequenz. Sie können besonders toxisch sein, da wir sie, im Gegensatz zu anderen Emotionen, meistens lieber nicht AUSdrücken sondern UNTERdrücken. Man sagt Emotion bedeutet "Energy in motion". Es ist also Energie, die sich durch unseren Körper BEWEGT und meistens auch eine Ausdrucksform hat. Trauer verlässt unseren Körper über Tränen, Wut vielleicht über Schreie oder Pillow Punching. Viele Emotionen sind wie gesagt in Bewegung und bleiben nur für eine relativ kurze Zeit in unserem System und verändern sich plötzlich von alleine wieder.


Doch bei Schuld und vor allem bei Scham ist es anders. Ich finde es schwierig einen Ausdruck dafür zu finden, denn es liegt in ihrer Natur, dass wir sie für uns behalten wollen. Im Vergleich zu anderen Emotionen fällt es uns schwieriger Schuld zuzugeben oder darüber zu sprechen, wofür wir uns schämen, weil wir damit unsere eigene Verletzlichkeit und unsere Schattenseiten preisgeben müssen. Scham und Schuld sind also auch verbunden mit Angst vor Verurteilung oder Ablehnung und neigen somit dazu, sich eben nicht wie andere Emotionen zu bewegen, sondern oft sehr lange in unserem System zu sitzen. Oft auch so lange, dass sie in die dunkeln Sümpfe unseres Unterbewusstseins sinken.


Die Psychologie macht eine klare Unterscheidung zwischen Schuld und Scham. Schuld bezieht sich auf eine Handlung, eine Tat, etwas, das wir falsch gemacht haben. Hier haben wir also theoretisch die Möglichkeit, einen Fehler einzugestehen und uns zu entSCHULDigen, also im wahrsten Sinne des Wortes die Schuld von uns zu geben. Spannend finde ich auch die Unterscheidung zwischen "gesunder Schuld" und "toxischer Schuld". Wenn ich z.B. etwas stehle und mich dafür schlecht fühle, dann ist das gesunde Schuld. Das unangenehme Schuldgefühl wird mich hoffentlich abhalten, die unmoralische Tat zu wiederholen. Toxische Schuld jedoch wäre, wenn ich bestohlen werde und ich mich aber dafür schuldig fühle. Und hier wirds schwierig. Denn hier liegt keine Tat vor, für die ich direkt verantwortlich bin, mich aber trotzdem verantwortlich fühle. Wie kommen wir hier raus? Da müssen wir wohl etwas tiefer graben.


Bei Scham wirds noch verzwickter. Scham wird definiert mit "dem Gefühl falsch zu SEIN". Es hängt also nicht so sehr zusammen mit etwas, das man tut, sondern wie man IST. Und hier muss man sich fragen, na wer sagt denn, was ok ist und für was man sich schämen muss? Wir sind hier also alle Opfer von Konditionierungen, die wir wohl mehrheitlich unbewusst, von unseren Eltern, der Gesellschaft, Kultur und Religion übernommen haben.


Ich denke in unseren Kulturkreisen hat die Kirche sehr grossen Schaden angerichtet, in dem sie viel zu viel Menschliches als "sündhaft" erklärt hat. Ich glaube all diese alten Programme sind noch sehr lebendig in uns, auch wenn wir uns dessen nicht bewusst sind. Wir kennen bestimmt alle die Schöpfungsgeschichte der Bibel, in welcher der Mensch quasi ab Tag 1 als Sünder dargestellt und aus dem Paradies verbannt wird. Was glaubt ihr, wie sich diese Geschichte auf die Psyche und den Selbstwert der Menschen seit mehreren tausend Jahren ausgewirkt hat? Wir reden von der "Erbsünde", einer Sünde, einer Schuld, die wir als Nachkommen von Adam und Eva immer noch tragen sollen. Meine eigene Suche nach dem Ursprung vieler ungesunder Glaubenssätze hat mich immer wieder dort hingeführt. Diese uralten Dogmen sind im kollektiven Unbewussten also weiterhin sehr präsent. So verwundert es mich nicht, dass z.B. so viele Frauen keine Orgasmen haben können, wenn ihnen Jahrhunderte lang eingetrichtert wurde, dass es eine Sünde ist (sexuelle) Lust zu empfinden, ja, dass ihr Körper an sich schmutzig sei, und sie sich ihres schämen sollen. Und solche Beispiele gibt es viele.


Ein Begriff, der dieses Jahr ja ziemlich kraftvoll ins Bewusstsein vieler Menschen gekommen ist, und auch auf dem Prinzip der vererbten Schuld beruht, ist "White Guilt". Die Schuld, die wir Weissen für die rassistischen und imperialistischen Gräueltaten unserer Vorfahren tragen aber auch für unsere eigene Konditionierung und somit unser eigenes (un)bewusstes Denken und Handeln. Das sind richtig alte, tiefe Themen, die nun erstmals so richtig grossflächig hochkommen. Und das ist bereits der erste Schritt zur Heilung. Grossartig!


Ich glaube Scham und Schuld sitzen tief im Individuum und im Kollektiv und finden in den meisten Fällen wohl nicht einfach von alleine ihren Weg ans Licht. Wenn wir uns ihnen nicht annehmen, werden sie uns über kurz oder lang von innen her auffressen. Je mehr Menschen den Mut aufbringen, sich diesen unbequemen Themen anzunehmen, um so schneller können auch unsere gesellschaftlichen Probleme gelöst werden. Weil Schuld oder Scham dienen niemandem. White Guilt ändert an sich nichts an White Supremacy. Schuld beschwert und hält uns in einer tiefen Frequenz. Handlungen getrieben von einem Schuldbewusstsein heraus sind nicht wirklich authentisch und aufrichtig und deshalb nicht nachhaltig. Ich glaube Veränderung, die von einem empowered State heraus entsteht, ist umso kraftvoller. Einem Zustand, in dem wir uns selbst und anderen für die begangenen Fehler verzeihen und von wo aus wir zusammen nach vorne schauen können.


May we release all our shame and guilt and practice forgiveness and acceptance!


Vanessa



 

SHAME & GUILT REFLECTION


Falls du dich auch mit diesem Thema auseinandersetzen möchtest, hier ein paar Fragen. Schreibe deine Reflektionen in dein Tagebuch oder tausche dich mit einem vertrauten Menschen darüber aus.


>> Hast du jemals etwas getan, wofür du dich schuldig fühlst?


>> Fühlst du dich manchmal schuldig, wenn du gar nichts falsch gemacht hast?


>> Trägst du die Schuld immer noch? Wenn nein, wie hast du sie transformiert? Wenn ja, was kannst du tun, um sie loszulassen?


>> Wofür schämst du dich?


>> An welche Situationen in deinem Leben kannst du dich erinnern, in denen du Scham empfunden hast?


>> Kannst du dich an eine bestimmte Situation in deiner Kindheit/Jugend erinnern, in der du auf Scham konditioniert wurdest?


>> Glaubst du, dass manchmal ein (unbewusstes) Scham- oder Schuldgefühl dich steuert? Wenn ja, in welchen Situationen?


>> Glaubst du, dass alles was du für schamhaft hältst tatsächlich schamhaft ist?


>> Was kannst du tun, um deine Scham zu transformieren?


 

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