JANUAR 2023
Wir sind in der dunkelsten Zeit des Jahres angekommen. Deswegen schreibe ich diesen Monat über ein Thema, das mich nun schon länger begleitet und fasziniert: die Dunkelheit.
Wo wandern deine Gedanken jetzt hin, wenn ich "Dunkelheit" sage? Was verstehst du unter Dunkelheit und welche Gefühle kommen dabei auf?
Ich würde mal raten, die meisten von uns haben sehr negative Assoziationen mit dem Begriff. In unserer Gesellschaft verbinden wir Dunkelheit mit dem Bösen, mit Angst, Schmerz, Trauer, Tod, Depression, Einsamkeit, der unheimlichen Nacht und dem kalten Winter. All die Dinge, die wir nicht mögen und meiden wollen. Doch das war nicht immer so.
Vor langer langer Zeit war die Dunkelheit, genauso wie das Licht, ein ganz natürlicher Teil des Ganzen. So wie Yin und Yang zwei gegensätzliche Hälften desselben Kreises darstellen. (Mehr dazu in meinem Beitrag über "Duality") Keine wäre komplett ohne die andere Hälfte und keine ist besser als die andere. Beide sind gleichwertig und wichtig.
Die Menschen von früher sahen den Kreislauf von Geburt, Wachstum, Zerfall, Tod und Wiedergeburt in der Natur abgebildet. Vor allem im Zyklus des Mondes, der jeden Monat vier Phasen durchläuft. (Lies dazu auch den Beitrag "Luna"). Neben Wiedergeburt und Neuanfang, Wachstum und Fülle gehörte auch der Zerfall und Tod, repräsentiert von der abnehmenden und der Dark Moon Phase, dazu. Der Dark Moon ist die Phase vor dem Neumond. Drei Nächte, an denen der Mond nicht sichtbar ist und die Nächte dunkel sind. Diese dunkle Phase ist energetisch gleichzusetzen mit den dunklen Stunden vor Sonnenaufgang, dem Winter im Jahreszyklus, der Menstruation im weiblichen Zyklus und dem Alter und dem Tod im Kreislauf unseres Lebens.
Es gab mal eine Zeit, in der die Menschen eine weibliche Gottheit verehrten und ihre Gesellschaften matriarchal geprägt waren. Darüber sind sich Historiker, Theologen und Archäologen heutzutage einig. Die Göttinnen waren eng verbunden mit dem Mond und der Nacht, wobei die Sonne das männliche Prinzip am Himmel verkörperte. Die (Mond)Göttin stand für Transformation. Sie war die Herrscherin der Nacht und der Unterwelt und Führerin in Zeiten des Übergangs, der Heilung und der Wiedergeburt.
Durch die Hingabe zur Göttin waren sich die Menschen der Kraft der natürlichen und regenerativen Zyklen im Aussen sowie im Innen bewusst. Man fürchtete die Dunkelheit nicht, sondern nahm sie als wichtigen Teil des grossen Ganzen wahr. Man wusste, dass "dunkle" Zeiten, genauso wie die Dark Moon Phase und der Winter, zum Leben dazugehörten. Tod, Verlust, Herzschmerz, Trennung, Krankheit, Wahnsinn, Betrug, Chaos und Veränderung wurden nicht als Bestrafung, sondern als Initiation der Dark Goddess gesehen. Spirituelle Suchende wussten, dass es den symbolischen Abstieg in die Unterwelt braucht. Den metaphorischen Tod, von dem man wiedergeboren wird. Die Dunkelheit brachte also das Geschenk des spirituellen Wachstums, der Weiterentwicklung und Erneuerung.
Woher kommt also unsere Angst vor der Dunkelheit und unsere bewusste oder unbewusste Abneigung gegenüber allem, was damit verbunden ist?
In ihrem Buch "Mysteries of the Dark Moon - the healing power of the dark goddess" erzählt Demetra George, wie zu der Zeit um ca. 3000 v. Chr. neue Völker Europa und den Nahen Osten besiedelten. Diese Stämme verehrten einen Sonnengott und richteten sich somit am männlichen Prinzip (Yang) aus. Dies war die Geburtsstunde des Patriarchats. Sie zerstörten gewaltsam den Goddesskult, verfolgten und töteten ihre Anhänger*innen und verboten Frauen, ihre Dienste in Politik und als Priesterinnen auszuüben. Sie dämonisierten die Dunkelheit und untergruben das uralte Wissen. Mit der Verehrung des Lichts und der männlich, rationalen und linearen Einstellung zur Schöpfung, wurde also alles, was früher als heiliger Ausdruck der Dunkelheit gefeiert wurde, auf einmal verpönt und als sündhaft und böse degradiert: so z.B. die Dark Goddesses, Magie, Sexualität, Intuition, die Erde und das Weibliche.
Zudem ignorierte man das Wissen um die Zyklen und dass die dunkle Zeit nur ein Übergang und keine Endstation war. Die heilsame Unterwelt wurde so zur Hölle, wo Bestrafung und Qual bis ans Ende der Zeit auf einem warteten. Die Mythen und Geschichten wurden umgeschrieben oder fehlinterpretiert und die weiblichen Verkörperungen der Dark Goddess als boshafte Hexen, manipulative Verführerinnen und Männer und Kinder tötende Dämoninnen dargestellt. All das löst bis heute andauernde Angst vor dem Okkulten, dem Altern, dem Tod, vor Lebenskrisen, vor dem Unbekannten, vor der Menstruation, vor dunkelhäutigen Menschen und der (weiblichen) Sexualität aus.
Was macht es mit dir, wenn du das liest? Regt sich in dir ein Keim der Erinnerung, der in der tiefen magischen Dunkelheit deiner Gebärmutter / deiner Wurzel schlummert? Oder spürst du Ablehnung und Unbehagen?
Egal, wo du gerade mit deiner Beziehung zur Dunkelheit stehst. Diese Ansicht soll dir eine Alternative zum üblichen Narrativ bieten. Sie resoniert tief in jeder Zelle meines Körpers, deswegen wollte ich sie mit dir teilen. Ich glaube, dass wir beide Seiten, das Licht und das Dunkle, in uns vereinen müssen, um ganz zu sein.
Es ist in der dunklen Tiefe der Erde, in der die Samen der Pflanzen keimen, die uns ernähren und heilen. Es ist der dunkle Kokon, aus dem der Schmetterling sich neu kreiert. Und es ist die Dunkelheit des Kosmos und des Schosses, aus dem wir alle geboren werden und zu dem wir alle zurückkehren.
Velvet dark Kisses
Vanessa
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